Normalerweise würde man diesen winzigen Ort links liegen lassen und direkt Berlin ansteuern. Aber eine Freundin von mir hat mir den Tip gegeben, dass wir uns diesen Ort, in dem schon Theodor Fontane gelebt hat, doch ansehen sollen.
Lindow liegt auf einer schmalen Landzunge zwischen dem Gundelacksee und dem Wutzsee. Unser Camping befindet sich daher direkt am Wasser und wir werden vom Rezeptionspersonal mit ostdeutsch-ruppiger Freundlichkeit begrüßt. Wat, Strom wollen se och noch? Ne, Schrippen haben wir hier nich, aber gehnse mal zu Netto. Wie, Bäcker? Die ham alle zujemacht. Aber dort drüben sehnse den Netto…
WLAN? Sie meenen Inderned? Ne, des hamwa och nich. Aber gehnse mal zur Sparkasse im Ort, da könnense det machn.
Wie uns scheint, ist der Osten noch nicht ans Internet angeschlossen und ernährt sich ausschließlich von Netto.
Der Camping ist nett, aber wie überall fast nur von Dauercampern bewohnt. Die, logischerweise Ostdeutsche, beäugen uns kritisch, lassen uns aber in Ruhe. Man hat den Eindruck, dass sie selten „Ausländer“ zu Gesicht bekommen.
Die meisten haben sich auf ihren Dauercampingplätzen wohnlich eingerichtet. Kleine Blumenbeete, Gartenzwerge, Schaukeln für die Enkel, fest gemauerte Grillplätze und Spitzengardinen zieren die Feriendomizile. Aber wenn ich es mir so ansehe, kann man es hier gut aushalten. Der große See, mit wesentlich mehr Wasser als in Schweden, lädt zum baden, Bootfahren und Angeln ein. Weiter draußen auf dem See, sehen wir kleine Hausboote, die hier eine beliebte Urlaubsvariante sind.
Uns begeistert die Landschaft, der schöne See und die für den nächsten Tag angesagten 29°. Wir beschließen noch einen Badetag einzulegen und wollen zwei Nächste bleiben.
Am nächsten Morgen radle ich in den Ort, um unsere Leinölbestellungen bearbeiten zu können. Die Sparkasse ist gleich gefunden und die nette Urlaubsvertretung hat zwar von nichts eine Ahnung, aber es funktioniert. Während ich meine Bestellungen bearbeite, höre ich mit einem Ohr den sächsischen Kundengesprächen zu und muss mir ein Lachen verkneifen. Diese Sprache klingt für unsere Ohren einfach zu …ungewohnt.
Auch hier, obwohl eine perfekter Urlaubsort mit lauschigen Ecken, erscheint mir alles etwas vergessen. Eine Berlinerin, die sich in der Gegend ein altes Gut gekauft hat, hat hier ein schickes Cafe im Retro-Stil mit Blick auf den See eröffnet. Es hat den netten Namen „Süße Ecke“. Zum Glück hat sie auch eine gute Auswahl an offenen Eissorten, so dass die wenigen Touristen angezogen werden. Ich fahre mit dem Rad ein paar Straßen ab und bin immer wieder von den teilweise noch alten Villen und kleinen Stadthäusern begeistert. Wie es sonst so um den Ort steht, sieht man an den geschlossenen ehemaligen Läden und Gasthäusern. Die wenigen, meist alten Leute, denen man begegnet sehen auch nicht so aus, als wären Sie zufrieden.
Noch ein kurzer Stopp beim unvermeidlichen Netto und ich radle zurück zum Campingplatz.
Toni und Lara sitzen hungrig und wartend am Tisch. Irgendwie war Tonis und meine Kommunikation im Vorfeld gestört. Ich bin davon ausgegangen, dass unsere Vorräte noch für ein Frühstück der beiden reichen und habe einen gemütlichen Einkehrschwung im oben erwähnten Cafe gemacht. Toni dachte, ich wäre eben mal kurz beim Semmeln holen …..
Also holen wir Mittags das Frühstück nach und überlegen danach in See zu stechen. Ein Blick nach Western macht unsere Planung mit einem Satz zunichte. Dunkle Wolken kündigen ein Unwetter an und der Wetterbericht bestätigt dies. Gerade gestern abend hat er noch Badewetter angesagt, was soll man da noch glauben.
Wir blicken uns an – OK, dann können wir auch gleich nach Berlin fahren. Also hüpfen wir noch mal kurz in den See, packen (mal wieder) und sind froh, Laras Zelt noch trocken einbringen zu können. Zwanzig Minuten später sind wir wieder „on the road“.
Lindow sehen und… sterben. So ist das mit ganz Brandenburg: schön und leergefegt. Gleich um die Ecke gibt es dann auch eine berüchtigte Drogen Entzugsklinik und wenn man beim Spaziergang aufmerksam in die buesche schaut, finden sich dort die heimlich gesoffenen Schnapsflaschen wieder