Es war klar, wir würden am Vorabend alles gepackt haben, Lara abholen, alle notwendigen Maut-Pickerl im Vorfeld besorgen, noch mal gemütlich Essen gehen und ganz früh am Morgen in unseren Urlaub starten. Denn im Vergleich zu den tausenden Staustehern aus dem Norden sind wir erfahrene Urlauber. Wenn die bereits erschöpft am Irschenberg angekommen und von der im Chiemgau aufgehenden Sonne geblendet werden, sind wir schon entspannt in Kroatien angekommen und schwimmen im Türkis-blauen Meer. So war zumindest der Plan. Doch Pläne haben ganz gerne die blöde Angewohnheit, sich ohne Rücksprache mit ihren Erfinder, einfach so zu verändern.

Dass wir Lara doch nicht abholen mussten, weil sie gebracht wurde, das hat uns noch nicht irritiert. Dass wir aufgrund dessen und der Tatsache dass wir mit dem Packen noch nicht fertig waren unsere Reservierung absagen und den geplanten Kauf der Pickerl aufgeben, das haben wir noch völlig entspannt gesehen. Als wir dann problemlos einen Tisch in der Aiblinger Osteria bekamen, der Kellner super freundlich war, die Lasagne echt italienisch schmeckte und Toni von seiner Pizza begeistert war, da war klar – wir haben’s einfach drauf!

Den ersten Windstoß haben wir noch verwundert wahrgenommen, war doch gar kein Gewitter angesagt. Beim zweiten Windstoß flog uns bereits der Straßenstaub um die Ohren, die Gläser von den angrenzenden Tischen , die Stühle aus der Eisdiele nebenan über die Straße und dem Kellner das große Wechselgeld aus der Hand. Jetzt war klar, da kommt noch mehr. Während Toni und Lara sich noch an den Gläsern am Tisch festhielten, war ich schon ins Innere des Lokals geflüchtet. Lara rannte mir nach und Toni sammelte noch rasch unseren Geldbeutel mit dem Urlaubsgeld und den Schlüsselbund ein und kam nach. Draußen ging es inzwischen so richtig zur Sache. Die Kellner versuchten im Sturm die Sonnenschirme und die Markise, die wegzufliegen drohten, zu sichern und soweit noch möglich das Geschirr, Kissen und Decken einzusammeln. Inzwischen hatten sich alle Gäste im Inneren des Lokals versammelt und blickten den Mutigen draußen mit großen Augen zu. Inzwischen hatte es auch noch zu regnen angefangen, während der Sturm ruhiger zu werden schien. Wir beschlossen es zu riskieren und auf schnellst möglichem Weg nach Hause zu radeln. Der Regen peitschte uns ins Gesicht während wir wie wild in die Pedale traten und wir kamen ziemlich nass zu Hause an. Hier hatte der große Tannenbaum von den Nachbarn, deren Straßenputzaktion von der Vorwoche zunichte gemacht und die Straße war wieder mit Ästen, Tannennadeln und Tannenzapfen übersät. Ansonsten hatte der Sturm keine weiteren Schäden angerichtet und wir sind früh zu Bett gegangen.

Pünktlich um halb fünf klingelte der Wecker und ohne viele Worte, ähnlich einem militärischem Manöver, saßen wir um kurz nach fünf startklar im Wohmobil. Perfekt – in wenigen Stunden würden wir in der Krka baden und uns anschließend in der kroatischen Sonne wieder aufwärmen – der perfekte Start in unseren Sommerurlaub.

Die ersten Zweifel kamen uns bei der Autobahn Auffahrt in Bad Aibling. Eine endlose Lichterschlange wälzte sich um diese Uhrzeit bereits vom Irschenberg ins Chiemgau hinunter und wir fuhren bei stockendem Verkehr in die Autobahn ein. Müde und überrascht überzeugten wir uns gegenseitig, dass das nur mit der Baustelle am Beginn der A99 zu tun haben könne und der Verkehr danach wieder fließen würde. Kein Grund zur Panik. Schön wär’s gewesen, es war der Anfang von einem Dauer stop-and-Go wie wir es noch nie erlebt hatten. Eigentlich hätten wir bei Kolbermoor-West wieder abfahren und uns zu Hause ins Bett legen sollen. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Da wir ja auch noch zumindest für Österreich ein Pickerl brauchten, konnte ich Toni überzeugen in Frasdorf abzufahren und Besagtes an der Tankstelle zu holen. Das war eine strategisch gute Entscheidung, denn der Rastplatz in Bergen schien aus allen Nähten zu platzen als wir daran vorbeifuhren oder besser gesagt zuckelten. Immerhin das hatten wir gut gemanagt.

Auch auf dieser Fahrt hat uns unser Navi mal wieder veräppelt. Wir fuhren von der Autobahn ab um uns in Kuchl ein Frühstück in einem Cafe zu gönnen. Bei der Weiterfahrt leitete uns das Navi erstmal fünf Kilometer in die falsche Richtung um uns dann wieder an unserer Ausgangsstation vorbei auf die Autobahn zurückzulotsen.

Ich hätte das Scheißteil damals auf der Autobahn bei Bologna aus dem Fenster werfen sollen.

Auf der Höhe von Flachau hatte das Stop-and-Go dann ein Ende, das Fahren aber auch. Der Verkehr wurde komplett gestoppt und wurden in den Kreis der Staustehern offiziell aufgenommen. Toll, keine fünf Stunden für grad mal einhundertfünfzig Kilometer. Irgendwann ging es dann langsam wieder weiter, aber dann kam schon der nächste Stop und wir standen wieder rum und vertraten uns zwischen durch die Beine. Wenn das Wetter nicht so miserabel gewesen wäre, dann hätten wir spontan sicher eine Übernachtung entlang der Strecke gemacht. Aber bei Regen auf einem aufgeweichten Zeltplatz im Wohnmobil zu sitzen war weniger erstrebenswert als mit dem Wissen der Sonne entgegen zu zuckeln.

Wie üblich, wenn ich irgendwo in Richtung Kroatien unterwegs bin, treffe ich an Raststellen oder wie heute auf der Autobahn Leute die ich kenne. In dem Fall Rudi, einen ehemaligen Schulkollegen, den ich vor dreißig Jahren wohl das letzte Mal gesehen hatte. Wir haben uns auf den zweiten Blick gleich wieder erkannte – beruhigen – und mit ihm und seiner Frau einen gemütlichen Autobahnratsch gemacht. Als es weiterging riefen wir Ihnen noch einen Einladung zum Kaffee beim nächsten Stopp zu. Doch der kam nicht und wir sahen Sie nur noch kurz als wir in Slowenien an einer Tankstelle unser nächstes Pickerl kauften. Der Rest unserer Anreise verlief reibungslos und wir fragten uns nur, wo die ganzen Leute wohl hingefahren sind, die auf dem Weg hierher die Autobahn verstopft hatten.

Am Campingplatz angekommen haben wir uns dann nur noch schnell einrichten, was bei uns planmäßig so verläuft: Biene bestimmt die genaue Stehposition unseres Wohnmobils und kümmert sich um die Anmeldung und WLAN Zugang, Lara managt den Stromanschluss und Toni stellt Tisch und Stühle auf – fertig!

Wenn’s Blumen gibt – was hier nicht der Fall ist – dann gibt’s sogar noch einen Strauß für die Tischvase. Normalerweise schwingt sich Toni dann auch gleich hinteren Bordherd. Aber gestern waren wir um das Campingplatz Restaurant froh und haben klassisch Kroatisch Pommes, Fleischspieße und Cevapcici gegessen.

Eigentlich hatten wir für heute auf der Krka eine Bootstour geplant, aber nach dem wir gestern feststellten, dass unser Campingplatz auf einem Plateau und die Krka ganz unten ist und wir heute auf keinen Fall mehr Autofahren wollen, stand ein fauler Campingplatz Tag an, den wir alle Drei sehr genossen haben.

3 Thoughts on “Stausteher auf dem Weg nach Kroatien

  1. Flammy & Tine on August 20, 2017 at 6:11 pm said:

    Au Mann, was für ein Horrortrip. Ja so ist das manchmal mit den Plänen. Gut, dass Ihr letztendlich doch noch gesund angekommen seid. Noch ein Kommentar zum Schreibstil der Autorin: Wir hatte einen Riesenspaß beim Lesen, so lebendig und nachvollziehbar war alles beschrieben. gradmalweg.de hat definitiv zwei neue Fans gewonnen. Wir sind gespannt wie’s bei Euch so weitergehen wird…

  2. Gabi und Ralf on August 22, 2017 at 10:47 am said:

    Subber Start!
    Alles Liebe noch zum Geburtstag Biene

  3. subber start.
    alles liebe zum geburtstag biene.

    gabi und ralf

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