Sommerliche Höchsttemperaturen begleiten unsere zwei Sightseeing Tage in Hamburg. Aufgrund dessen fällt auch ein gemütlicher Stadtbummel aus, denn den würde man nur mit einem Schirmträger und Luftzufächler aushalten.

Also konzentrieren wir uns auf die Dinge, die uns am meisten interessieren und versuchen, diese im Schatten der Speicherstadt zu erreichen. Lara will ins Miniaturwunderland, Toni ins Gewürzmuseum (wen wundert es) und Sabine will eine Hafenrundfahrt machen, was auch niemanden wundert. Wir starten mit dem Gewürzmuseum, nachdem wir uns im Miniaturwunderland angemeldet hatten. Die Mitarbeiterin dort bedankte sich freundlich für unsere Anmeldung. Anschließend klärte sie uns auf, dass wir Glück hätten und heute nur 80 Minuten Wartezeit zu überbrücken sind. Wie wunderbar – ein Glückspilz muss man sein 😉

Also schieben wir das um die Ecke liegende Gewürzmuseum dazwischen, das wir erst nach einigem Suchen im schmuddeligen Eingang eines alten Lagerhauses, finden. Ich überlasse meinen beiden Kochfans Toni und Lara das Museum und begebe mich direkt in den Laden und dort zur nächsten Sitzgelegenheit. Nachdem ich weis, was im Miniaturwunderland auf mich zukommt, will ich mich noch etwas schonen und bei Gewürzen interessiert mich lediglich, dass das Essen, das damit gewürzt wird lecker schmeckt. Weis ich doch, dass wenn Toni mal in einem Gewürzmuseum ist, kommt er nicht eher raus, bis er jedes Gewürz gerochen und gekostet hat. Aber das gehört einfach dazu, wenn man so einen begnadeten Hobbykoch an der Seite hat.

Während ich so auf dem Hocker hocke und mir mit meinem Fächer Luft zu wedle, kommt die Mitarbeiterin auf mich zu. Ich denke, jetzt wird sie mir gleich erklären, dass das hier keine Wartehalle ist. Aber man glaubt es kaum, es gibt auch nette Menschen. Sie pflichtet mir bei, dass draußen wirklich eine Affenhitze ist. Völlig beeindruckt bin ich, als sie mir noch einen Schemel, damit ich meine Füße hochlegen kann. Ich bin ihr natürlich unendlich dankbar und frage mich lieber nicht, wie desolat der Eindruck ist, den ich gerade mache.

Eigentlich ist das Gewürzmuseum ja ein genialer Trick um die Leute in den daneben liegenden Gewürzladen zu locken. Der Ausgang des Museums Ende – man ahnt es ja nicht – führt direkt in den Gewürzladen und ich beobachte, wie die Leute fleißig einkaufen.

Während ich so da sitze, fällt mein Blick auf ein Schild an der Wand: “Ab einem Einkaufswert von 20,- Euro erhalten Sie kostenlos eine echte handbemalte Vase”. Gerade in dem Moment geht ein Pärchen zum Bezahlen. Die Verkäuferin weist sie auch prompt darauf hin, dass Sie Anspruch auf eine handbemalte Vase haben. Mit einem leicht peinlichem Blick zeigte sie auf die beiden Mustervasen und meint, das bei der Höhe des Einkaufes dürfen sich eine aussuchen. Das Pärchen blickte erst schockiert auf die Vasen und sich anschließend ebenso schockiert in die Augen. “Ähm, Danke das ist sehr nett, aber wir reisen nur mit Handgepäck und können nichts mehr mitnehmen” Die Verkäuferin nickte verständnisvoll und gibt das Wechselgeld raus, worauf das Pärchen eilenden Schrittes verschwindet.

Das Miniaturwunderland ist wie immer phantastisch. Bei jedem Besuch entdeckt man neue Länder und Städte, die perfekt umgesetzt sind. Sei es Venedig, der feuerspuckende Vesuv, oder der Flughafen mit den startenden und landenden Jets. Über einem Gebäude schwebt Mary Poppins und ich werde daran erinnert, dass ich diesen Film seinerzeit mit meinem Au-Pair-Kind etwa 140 Mal angesehen habe. Besonders haben es uns die kleinen Feinheiten angetan, wie der nackte Liebhaber der Tochter, der vor der Küchenmesserschwingenden Mutter über den Balkon flüchtet – Wo? Na, in Italien natürlich! Aber auch der Reifenwechsel am Papa Mobil in einem Eck des Vatikans zeigt wie findig und humorvoll die Erbauer dieser Wunderlandschaften sind.

Nach fast drei Stunden sind wir völlig erledigt und beschließen zu unserem auf dem Deich geparkten Wohnmobil zurück zu kehren.

Am Mittwoch dann noch eine klassische Hafenrundfahrt, die mit genial sarkastischem Insiderwissen vom Schiffspersonal begleitet wird. Die Elbphilharmonie, deren Bau zehnmal soviel gekostet hat, als seinerzeit mit 77 Millionen geplant, sieht auf unserem Bild schöner aus als in Wirklichkeit. Dass die Mehrkosten von über 690 Millionen aus Steuergeldern finanziert wurden, macht sie auch nicht schöner. Wir erfahren, dass unter anderem die Fenster mit Lotuseffekt pro Stück 72.000 Euro gekostet haben. Aber hoch dotierte Architekten hatten ausgerechnet, dass sich die Fenster locker rentieren, da man sie ja nicht putzen muss. Falsch gedacht. Denn der wunderbare Lotuseffekt hält nur zehn Jahre. Doch das hatte man geflissentlich übersehen. Alleine die ursprünglich geplante Bauzeit drei Jahren, dauerte letztlich von 2007 bis 2016, insgesamt neun Jahre. Letztlich werden die Fenster das ganze Jahr über von einer bayerischen Fassadenkletterer Firma gereinigt. Aber wer denkt, dass ein am Seil baumelnder Kletterer und ein bisschen Glasreiniger sowie ein Schwamm dafür reichen würden, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Lotusbeschichtung der Fenster ist so sensibel, dass nur mit Osmose behandeltes klares Wasser und weichste Tücher sanft über deren Oberfläche streicheln dürfen. Darüber hinaus musste die Firma Spezialgeräte anschaffen, um beim Putzen mit der Ausrüstung auf keinen Fall an den Scheiben zu schrammen. Schlappe 100.000 Euro kostet dieser Spaß im Jahr. Man kann nur hoffen, dass die Elbphilharmonie irgendwann ebenso erfolgreich wird, die die Schlösser von König Ludwig II.

Zum Abschluss noch ein standesgemäßes Mittagessen im Sinne von „La vida bonita“ im Lokal „Schönes Leben“. Das Leben wäre dort zwar noch schöner gewesen, wenn das Personal eine Ausbildung bei Christa auf der Hohen Asten gemacht hätte. Aber das Essen war gut, der Blick auf die Speicherstadt beeindruckend, der Blick auf die Elbphilharmonie, der uns den Appetit hätte rauben können, verdeckt und die Bedienung letztlich sehr nett.

Wisst Ihr, was hanseatischer Pragmatismus ist? Na dann seht Euch mal das Bild mit den Vorhängeschlössern, insbesondere das blaue Schloss, an.

Es gäbe noch unendlich viel zu sehen, seien es die interessanten Ausstellungen, die netten Stadtviertel, die Roof Bars mit Rundum Blick, der Nobelvorort Blankenese oder eines der bekannten Musicals. Aber das heben wir uns für ein anderes Mal auf und kommen dann lieber im Mai, wenn es nicht so heiß ist.

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