Wer diese Melodie noch aus seiner Jugend kennt, der ist auch nicht mehr ganz taufrisch. Ich kenne sie noch! Zwar mehr aus meiner Kindheit, aber immerhin. Hippie war ein beliebtes Verkleidungsmotiv meiner Eltern bei den damals angesagten Faschingsparties im Hobbykeller unseres Reiheneck-Hauses. Mein Papa, ein begnadeter Techniker hatte eine ganze Tonbandspule mit Tanzhits aus den 60er und 70er Jahren aufgenommen. Zu der Musik wurde von unseren Eltern und deren Freunden dann heiß getanzt. Die sonst so spießige Nachbarin war plötzlich eine heiße Mieze und ihr langweilige Ehemann hatte nicht verstanden, dass eine Augenklappe noch lange keinen verwegenen Piraten aus ihm machte.
Wir Kinder hopsten fröhlich mit und fanden dass Hippie eine coole Sache war. Auch die Nummer mit der antiautoritären Erziehung schien uns -für uns- perfekt geeignet. Leider hatten wir keine Ahnung was antiautoritär in Wirklichkeit bedeutete. Wir dachten, dass man da halt mit Schuhen auf dem Sofa rumhüpfen und Spaghetti mit den Händen essen durfte und somit erschien es uns ziemlich erstrebenswert. Bedauerlicherweise hatten unsere Eltern, das uns so wunderbar erscheinende, Konzept nicht verstanden.
Mit diesem Bild von Mendocino vor den Augen fuhren wir am nächsten Tag wieder einige Kilometer zurück. Beinahe hätten wir die unscheinbare Abbiegung verpasst, die uns zum Ausgangspunkt unserer Küstenwanderung nach Mendocino bringen sollte . Auf der Karte hatten wir schon gesehen, dass der Ort um ein Vielfaches kleiner war, als wir angenommen hatten. Auch so von er Ferne erschien uns alles sehr ruhig, beschaulich um es nicht gar spießig zu nennen. Die Luft duftete, wie es sich gehörte, nach Meer, Algen, trockener Wiese, Blumen und nicht wie wir erwartet hatte nach Haschisch oder anderem rauchbaren Gräsern. Die einzigen Geräusche kamen von der Meeresbrandung und den kreischenden Möven. Wo waren die Hari-Krishna-Gesänge?

Tom Sawyer und Huckleberry Finn?
Tja, um es kurz zu machen – sogar in Amerika hat sich in den letzten 60 Jahren das eine oder andere geändert. Der Ort lebt mehr schlecht als recht von seinem Namen. Ein paar alte Läden verkaufen gebatikte Alibi-Schlabberkleidung. Ansonsten scheint sich die amerikanische Durchschnittsurlauberin von ihrem Gatten eher konventionellen Schmuck als Urlaubserinnerung um das faltige Dekolleté hängen zu lassen.
Vereinzelt sah man Rentner, denen man mit viel Fantasie eine Vergangenheit als 69er zu trauen hätte konnte. Aber auch sie wohnen heute in klassischen Beach Häusern der amerikanischen Upper Class, der Einzigen, die sich das hier überhaupt leisten kann. Die paar alten staubigen Traumfänger an den Eingangstüren hatten vor langer Zeit ihren Dienst aufgegeben.

An diesem Flussufer fanden die berühmten Partys von damals statt.

Heute wohnt man gediegen!