Zauberer und Zauberinnen gehören irgendwie zum Zauber unserer Kindheit.

Damals glaubte man noch zuversichtlich daran, dass Zauberer zaubern können, aber auch an den Osterhasen, den Nikolaus und das Christkind. Letzteres funktionierte ganz gut. Denn wenn man etwas haben wollte, reichte es meist, es sich über das Jahr hinweg ganz fest vom Christkind zu wünschen.

In den meisten Fällen lagen dann die begehrte Puppe, das Spiel oder die Buntstifte unter dem Weihnachtsbaum. Ohne dass es einem bewußt war, wusste man, dass die Welt in Ordnung war.

Wenn es einmal mit dem Wünschen nicht klappte, dann war einem auch klar, dass man es sich einfach nicht fest genug gewünscht hatte. So einfach war das.

Als wir am Donnerstag bei Chenny eingeladen waren, war ihre ganze Familie da. Bruder und Schwester mit Ehepartnern und die Mama. Der Bruder hat einen Obstladen und von der Schwester wussten wir, dass sie mit ihrem Mann und den Kindern in San Francisco lebt.

Also Toni sie fragt, was sie so mache, antwortete sie „I am a Magicians“. Toni verstand „Nutrician“ (Ernährungsberaterin) und ich „Medic“ (Ärztin). Das führte dazu, dass wir in den ersten Minuten erfolgreich aneinander vorbei sprachen. (Passiert uns öfter, trotz durchaus vorzeigbarer Englischkenntnisse.)

„Oh no, I am a Magician – I make magic (Oh nein ich bin Magierin und beschäftige mich mit magischen Dingen) klärte sie uns auf und ergänzte, dass sie demnächst auf den Weltkongress der Magier nach Stockholm fliegt.

Aha, dachten wir uns beide unabhängig voneinander. Der „Weltkongress der Magier“ sauber. Na dann grüß mal schön Harry Potter und Bibi Blockberg! Also eine esoterische Zaubermaus und chinesische Geistheilerin und das gleich auf internationaler Ebene. Das kann ja heiter werden. Hoffentlich kaut uns die mit ihren Engelsgeschichten kein Ohr ab. Wir überlegten noch, ob chinesische Engel auch mandelförmige Augen haben, gingen der Frage aber nicht weiter nach, da die Sate-Spieße fertig waren.

Das Essen verlief sehr relaxt und alle waren interessiert, wie wir Chenny kennengelernt hatten, woher wir kamen und was uns hier her verschlagen hatte. Im Verlauf der Unterhaltung kam immer wieder auf, dass Jade (die Magierin) mit ihrem Mann sehr viel reisten. Sie erzählte, dass sie in Israel einem Restaurantbesitzer Schekel (israelische Währung) aus der Serviette gezaubert hatte. Der war so begeistert, dass sie von ihm zum Abendessen eingeladen worden waren. So langsam dämmerte uns, dass wir mit unserer Vorstellung ob ihres Berufes immer noch falsch lagen.

Jetzt fiel es uns wie Schuppen von den Augen. Sie ist tatsächlich eine gelernte Zauberin/Magierin. Wir fragten sie natürlich, wie sie zu diesem Beruf gekommen war. Neben der Schule hatte sie in einem Laden für Zauberartikel und -Zubehör gejobt, sich mehr dafür interessiert und erste einfache Zaubertricks gelernt. Als es dann nach Abschluss der Schule soweit war, sich einen Beruf zu suchen, wollten zu der Zeit alle in die Fernsehbranche. Da dachte sie sich, dass sie nicht eine unter vielen sein wollte und beschloss eine Ausbildung zur Zauberin oder wie man heute sagt Magierin zu machen. Sie erzählte dass sie für Veranstaltungen gebucht wird und früher auch viel auf Kreuzfahrtschiffen gearbeitet hatte.

Ihr Mann (kein Asiate sondern gebürtig aus Detroit) hatte währenddessen die ganze Zeit seinen Waschbeutel auf den Knien und kramte darin rum. Irgendwann zog er dann eine Zahnseide raus und riss kleine Fäden ab. Ich dachte mir schon, ok jetzt kriegt jeder ein Stück Zahnseide, damit wir uns gemeinschaftlich die Zahnzwischenräume reinigen können. Ist vielleicht eine chinesische Familientraditon nach dem Essen. Was weis eine Ungläubige?

Es stellte sich jedoch heraus, dass auch Jades Mann zaubert. Allerdings nur zum Spaß und im kleinen Rahmen. Die Zahnseide Fäden hat er natürlich – wie sollte es anders sein – am Schluss wieder als ganzen Faden präsentiert. So kamen wir in den Genuss unserer ersten privaten Zauberschau.

In meiner geschlossenen Hand verbog sich auf wundersame Weise ein von mir signierter Penny.

Daraufhin folge ein Kartentrick, bei dem ich ihn allerdings ziemlich durcheinander brachte. Da ich die amerikanische Bezeichnung der Spielkarten (Pik, Karo, ..) nicht kannte, gab ich ihm wohl hin und wieder eine falsche Karte. Am Schluss war dann die vorletzte und nicht die letzte Karte die, die ich mir merken sollte. Aber das war umso mehr bewundernswerter, dass er sich nicht aus der Ruhe bringen lies. Toni wurde dann noch mit einem anderen Kartentrick unterhalten und einem Freund der Familie wurde ein X das sich Jade mit Marker auf die Hand gemalt hatte, auf die Handinnenfläche gezaubert.

Toni, ganz Ingenieur, wollte natürlich unbedingt verstehen, wie die Tricks funktionierten. Aber er rätselt heute noch…

Dafür haben wir rausbekommen, dass Jade tatsächlich eine der ganz großen und international anerkannten Magierinnen ist. Man kann von Glück sagen, dass sie eine Zauberin und keine Gedankenleserin ist – das wäre echt peinlich für uns gewesen.

Falls ihr sie sehen wollt:

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