Donnerstag, 12.3. um 6 Uhr morgens, das Telefon klingelt, ich gehe ran. „Einreisestop ab Morgen Mitternacht für mindestens 4 Wochen. Theoretisch könntest Du es mit Deinem Flug am Freitag noch schaffen!

sagte Romy und ich war sofort hellwach. „Schei…e“ – mehr fiel mir dazu nicht ein. „Theoretisch“ war für mich keine Option, da nur 210 Minuten (3,5 Std.) zwischen geplanter Landung am Flughafen von San Francisco und dem Beginn des Einreisestopps lagen.

Mein Gehirn schaltete in den Katastrophenmodus, das Bett wurde zur Schaltzentrale, die Telefonkosten interessierten mich nicht. Jetzt hieß es nur, heute noch einen Flug bekommen und so schnell wie möglich durch die US Emigration (Zollkontrolle) kommen, bevor die überhaupt mitbekommt was los ist. Denn ich war mir ziemlich sicher, dass es mit vier Wochen nicht getan ist. Im Gegenteil, wahrscheinlich geht es dann erst richtig los.

Es machte sich bezahlt dass ich in den Tagen davor schon die Flüge sondiert hatte. So konnte ich der US Travelagentur gleich sagen, welchen Flug ich wollte. Dass diese Umbuchung eigentlich von Bosch genehmigt werden müsste, verschwieg ich der Außer-den-Geschäftszeiten-Mitarbeiterin geflissentlich. „Können wir die Kreditkartennummer verwenden, die hier hinterlegt ist.“ „Na, aber selbstverständlich“ sagte ich zuvorkommend und überlegte kurz ob ich die Chance nutzen und auf Business Class upgraden sollte. Lies es dann aber sein und fühlte mich dennoch ein bisschen wie Felix Krull und Leonardo di Caprio in „Catch me if you can“.

Um 7.00 Uhr war der Spuk vorbei, der Flug umgebucht, der Flughafenshuttle neu geordert, alle Termine des Tages (leider) abgesagt. Es hätte ein gemütlicher Wellness-Abschiedstag werden sollen. Meine Mama hatte sich vom ersten Schreck schon erholt und meine Mitarbeiterin Verena war mit meiner Post, frischem Leinöl, leckeren Weißwürsten und vier hellen Bauer-Brezen auf dem Weg zu mir nach Aisingerwies. Erkenntnis: aufregende Tage sollte man immer mit einem Weißwurst-Frühstück beginnen.

13.00 Uhr Flughafen Franz-Josef-Strauß, München, das Haar sitzt, während ich betont lässig am Check-In-Schalter lehne und versuche mir meine Hitzewallungen nicht anmerken zu lassen. Der Lufthansa Angestellte versucht verzweifelt meine US-Visa im PC einzugeben, wird aber immer wieder mit Error-Meldung aus dem Programm geworfen. Vor meinem inneren Auge sehe ich wie Mr. T persönlich der CIA die Order gibt „Diese Frau kommt mir hier nicht rein!“ Zum Glück stellt sich alles als Bedienungsfehler raus und ich bekomme meine Bordkarte. Der Angestellte vertraut mir noch an, dass der Flug eigentlich gestrichen hätte werden sollen, aber dass seit dem frühen Morgen im Minutentakt Umbuchungen reinkämen. Danke Dir Romy, die Du so geistesgegenwärtig warst, mich anzurufen. Zwei Stunden später wäre kein Platz mehr frei gewesen. Glück muss man haben!

16.30 Uhr der Flug startet fast pünktlich, durchfliegt heftige Sturmböen, hinter mir quietscht und heult eine junge Frau vor Angst. Sie war mir durch ihr hochnäsiges Möchtegern-Jet-Setter-Gehabe schon am Gate unangenehm aufgefallen. Ich lehne mich zufrieden lächelnd in meinen Sitz und beschließe die nächsten 12 Stunden entspannt zu genießen.

Man weis ja nie, neben wem man sitzt.

Bei der Ankunft wurde ich noch mal etwas nervös, aber wie ich gehofft hatte, wusste hier noch keiner etwas von dem bevorstehenden Einreisestopp. Wie üblich musste man seine Finger auf einen speckigen Fingerscanner legen, der das Wort Desinfektion noch nie gehört hatte. Ich war kurz versucht etwas zu sagen. Ein Blick in das wenig freundliche Gesicht der vermutlich ehemaligen kambodschanischen Gefängniswärterin, hielt mich dann doch davon ab. Also vereinte ich meine Fingerviren mit denen der letzten 10.000 Fluggäste, hoffte dass kein Fieberthermometer integriert war, da ich gerade wieder eine Hitzewallung hatte und zog von Dannen. Bei den nächsten üblich sporadischen Kontrollen wurde ich nur gefragt, ob ich Obst oder Wurst im Gepäck habe. Nach Obstler haben sie ja nicht gefragt. Selten war ich so froh ein Flughafengebäude verlassen zu haben.

22 Uhr International Airport San Francisco. Ich liege glücklich mit zerzausten Haaren in Tonis Armen. Der freut sich auch, weil er gerade heute das letzte Stück des von mir selbst gemachten 14-tägigen Schokoladenvorrates verspeist hatte.

Geschafft!

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