Während ich so in der Küche hantiere, fällt mein Blick nach draußen auf den Pool.

Ich liebe diese Aussicht und genieße sie jeden Morgen, wenn ich meinen ersten Kaffe trinke. Beim Anblick der hellblauen glitzernden Wasserfläche, die von schattenspendenden Bäumen in den verschiedensten Grüntönen umrahmt ist, habe ich alles, was ich zum Glück brauche. Und meinen Toni natürlich!!!

Ich überlege gerade, ob ich gleich oder erst später eine Runde schwimme, als etwas meinen Blick stört. Es ist etwas langes, schwarzes, das mit hektischen Bewegungen am Beckenrand auf und ab schwimmt.

Mir bleibt der Atem stehen. Eine Schlage, ich habs gewußt. Ich will gar nicht weiter darüber nachdenken. Ich schaue ganz schnell weg, weil es mir so graust. Aber mein Unterbewusstsein, sagt mir, dass mit meiner Vermutung etwas nicht stimmt. Ich atme tief durch und zwinge mich noch mal genauer hinzusehen. Wer mich kennt, weis welche Überwindung mich das kostet. Hm, bei der genaueren Betrachtung wird klar, dass die Bewegungen nicht zu meiner ersten Annahme passen. Ich bin erleichtert! Aber was ist es dann.

Also kann es bloß eine riesige Maus oder Ratte sein. Die finde ich im Pool jedoch auch nicht besonders toll und überlege was ich machen soll. Davor sie rauszuholen graust es mir, sie ertrinken zu lassen, widerstrebt mir ebenso. Eigentlich können die ja auch schwimmen, aber ich will auch nicht mit Ratten oder Mäusen schwimmen.

Während ich so auf das hektisch auf und ab strampelnde Tierchen blicke, da wird mir plötzlich klar, dass es eines der süßen Eichhörnchen ist. Sie springen tagsüber auf den drei Bäumen, die auf der Südseites des Pool Schatten spenden, herum. Vermutlich ist es bei einem der waghalsigen Manöver, die leckeren Früchte von den äußersten Ästen zu holen, abgestürzt und in den Pool gefallen. Oh, mein Gott das arme Tierchen.

Verzweifelt will es sich an der Poolwand hochzuziehen, rutscht aber immer wieder ab und fällt ins Wasser zurück. Jetzt versucht es auch noch, sich in den Abflussfilter zu retten. Das wäre dann sein sicherer Tod. Hilfe!

Es ist klar: Ich muss handeln – aber wie? Einfach „a la Bay Watch“ in die Fluten zu springen, es zu greifen und ans Ufer setzen. In Bezug auf Tiere bin ich immer schon etwas zurückhaltend. Zoowärterin oder Tierärztin zu werden war auch noch nie mein Wunsch. Ich habe Angst, dass mich das Eichhörnchen vor Freude über seine Rettung mit einer Nuss verwechselt und in meinen Finger beißt. Und, außerdem habe ich auch gar keinen knappen, roten, sexy Badeanzug.

Zum Glück gibt es in meinem Gehirn den Schalter „Agieren in Notsituationen“, der sich nun eigenständig umlegt. Jetzt ist handeln angesagt! Ich rase zum Pool hinab und schnappe mir die lange Rettungsstange, die an der Umzäunung angebracht ist. Sie hat an ihrem Ende eine gebogene feste Metallschlaufe.

Das Eichhörnchen – ja es ist wirklich eines – paddelt immer noch hektisch auf und ab. In seinem verzweifelten Blick ist die pure Todesangst zu erkennen.

Ich bin dabei mich mit der schweren und langen Stange in Position zu begeben. Dabei verfehle ich nur knapp das Fenster des Pool Hauses. Vorsicht ist jetzt angesagt, als ich die Stange im Pool versenke. Ich will das Eichhörnchen ja auch nicht erschlagen oder noch weiter unter Wasser drücken.

Es wird jetzt noch panischer, was ich an seiner Stelle gut verstehen kann. Aber, es gelinkt mir, mit der Schlaufe unter das Tierchen zu kommen. Mit seinen kleinen Pfoten klammert sich das pitsch nasse winzige Hörnchen an die Metallschlaufe und ich hebe es so schnell und vorsichtig wie nur möglich aus dem Wasser. Am Beckenrand lege ich es sachte im Schatten ab. Es versucht sich gleich in Sicherheit zu bringen, fällt vor Erschöpfung aber immer wieder um.

Damit es nach der erfolgreichen Seerettung nicht gleich von der Nachbarskatze zur Nachspeise verschlungen wird, bleibe ich in sicherer Entfernung sitzen. Das schwächlich zitternde Eichhörnchen bietet einen erbärmlicher Anblick. Nass sieht man erst, wie klein sie wirklich sind. Ich wünschte, ich wüsste, wie man halb ertrunkene Eichhörnen wieder auf Vordermann bringt. Aber dem ist leider nicht so.

Nach und nach schleppt es sich mit letzter Kraft in Richtung der Büsche, die unterhalb der Bäume wachsen. Auf dem Weg dorthin sind einige sehr sonnige Stellen. Es ist ein besonders heißer Tag und ich habe Angst, dass das Kleine Hitzschlag bekommt. Unwillkürlich muss ich an gegrillte Meerschweinchen denken. Igitt.

Während ich noch überlege, ob ich es zur Kühlung mit etwas Wasser übergießen soll, schafft es, die Büsche zu erreichen. Ich wünsche ihm noch viel Glück und gehe wieder nach oben. Aber es lässt mir keine Ruhe und immer wieder schaue ich zum Fenster raus, um sicher zu gehen, dass es nicht mehr zum Pool zurück gekehrt ist.

Am nächsten Tag will ich mich um die Mittagszeit an den Pool legen. Da sehe ich, nur wenige Meter von mir entfernt, ein kleines Eichhörnchen. Es sitzt in einer Astgabelung des Baumes, in dessen Richtung gestern das gerettete Eichhörnchen gekrochen ist.

Ganz entspannt sitzt es da, knabbert an der Nuss, die es zwischen den Pfötchen hält und sieht mich ruhig an. Normalerweise laufen sie immer weg, sobald sie einen erblicken.

Heute hat es seinen Tarnanzug an!

Vielleicht ist es ja das Eichhörnchen aus dem Pool, das sich noch einmal bei mir bedanken wollte. Ich beschließe es Charly zu nennen und lege mich zufrieden auf die Sonnenliege.