Wie die Zeit vergeht. Beinahe hätte ich diesen, meinen ersten Jahrestag hier übersehen. Mir kommt es gar nicht so lange vor. Damals war dann auch gerade Ostern, aber meine Osterdekoration war schwamm noch im Container über den Atlantik. Dieses Hasenbild (ein Kuchen) ist noch vom letzten Jahr.

Oft passiert es mir, dass ich mit Leuten spreche (ok momentan weniger) und dann ganz automatisch sage, wir sind gerade eben erst hergezogen. Dabei ist es schon fast ein Jahr. Nicht dass ich schon zur Amerikanerin mutiert wäre Aber ich habe mich schon an so viele Dinge gewöhnt, die mir vor einem Jahr noch neu und ungewohnt erschienen und heute ganz alltäglich sind.

GERÄUSCHE
Besonders zu Beginn sind mir die vielen neuen Geräusche aufgefallen. Erst lernt man sie zuzuordnen und so langsam gewöhnt man sich daran.

Tiere
Das Gefiepe der Eichhörnchen, die sich wie die Wilden die Bäume rauf und runter jagen.

Die großen schwarzen, majestätisch anmutenden Krähen, die auf der Birke vor unserem Schlafzimmer und dem Kirschbaum vor unserem Wohnzimmerbalkon immer zwischenlanden.

Der rotorblätter artige, extrem schnelle Flügelschlag, der kleinen bunten Kolibris. (Die ich immer Amazon-Mini-Spion-Drohnen nenne, weil sie oft vor dem Fenster im Flug “stehen bleiben” und rein schauen.

Heizung
Wie ein Heißluft Fön bläst es warm und laut von den Luftschächten an der Zimmerdecke herab. In jedem Zimmer gleich, da man hier entweder alles heizt/kühlt oder gar nichts. Individuelle Temperaturregelung ist im High-Tech Silicon Valley noch nicht angekommen. Und im restlichen Amerika wohl auch noch nicht.

Garagentor
Eine Hälfte unserer Wohnung liegt oberhalb der Garagen. Genauer gesagt, Schlafzimmer, Büro und Gästezimmer. Wenn die automatischen Tore rauf und runter gefahren werden, hört man das laute Geraffelt und spürt es sogar. Zwei der Garagentore sind unsere eigenen und weniger aktiv. Aber unser Nachbar unter uns, dessen Garage unter unserem Büro ist, macht das Tor am Tag und und in der Nacht geschätzte 30x auf und zu. Die Zahl ist nicht übertrieben. Er kann von seiner Wohnung direkt in die Garage gehen. Wir haben ja die Vermutung, dass ihn seine Frau nicht mehr in die Wohnung lässt. Weder zum sich waschen, geschweige denn zum schlafen. Zumindest hat man den Eindruck wenn man ihn sieht. Egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit man an der Garage vorbeigeht, riecht man entweder Zigarettenrauch oder hört ihn telefonieren. An guten Tagen entfernt er sich in karierter Schlafanzughose, Hausschlappen und altem Anorak etwa 5 Meter, um dann vom Gehweg aus zu telefonieren. Aber ansonsten ist er ganz nett.

Montag Morgen
Wer auch immer dieses akustische Warnsignal eines zurückfahrenden Fahrzeuges erfunden hat, ich mag ihn nicht. Um sechs Uhr morgens fährt jeden Montag das Müllauto rückwärts bis unter unseren Balkon, um dann ausgiebig die Mülltonne aus dem nahen Müllhäuschen, auszuleeren. Krach, Bum, Krach, Bum, Piep – Guten Morgen!

Dienstag Morgen
Ach ja, da wären ja auch noch die vom Wertstoffhof, die ihre blauen Tonnen abholen. Gleiche Nummer wie am Montag, eine halbe Stunde später, was die Sache auch nicht erfreulicher macht. Gut ist nur, dass ich inzwischen die Geräusche unterscheiden kann und weis, ob es Montag oder Dienstag ist.

Motoren
Gestern Früh habe ich Toni aus dem Bett gejagt, als ein ohrenbetäubender Motorenlärm von der Straße rüber kam. “Das hört sich an, wie ein Porsche. Bist Du sicher, dass es nicht Deiner ist?” Man hat meinen Mann noch nie so schnell aufstehen und auf den Balkon rennen sehen. Es war natürlich nicht sein Auto, aber der Lärm kam tatsächlich von zwei Carrera Porsches. Das nenne ich mal ein gutes Gehört. Die Straßenkurve hinter unserem Haus ist ein beliebter Startpunkt für Auto- oder Motorradrennen auf dem Highway Nr. 9, der von hier aus zu Skyline Boulevard, oben auf dem Bergkamm, führt. Wir haben sozusagen unser eigenes Sudelfeld.

Feuerwehr-Polizei-Krankenwagen
Ok, wo Rennen stattfinden, ist auch diese 3-er Kombination mit ihrem “Straßen von San Francisco Sound” nicht weit. Mindestens einmal am Tag jagen sie hinter unserem Haus vorbei. Da es hier üblich ist, dass immer das Dreigestirn ausrückt, also Feuerwehr, Polizei und Krankenwagen, kann man sich die Metten vorstellen. Seit Beginn der Ausgangssperre ist es ruhiger geworden. Aber so langsam nehmen die Rennen am späten Abend wieder zu. Eine Polizeikontrolle lässt sich aber nie blicken. Dabei wäre das eine wunderbare Einnahmequelle. Lieber halten sie unschuldige Frauen auf, die nur ein bisschen über eine Stopp Schild rollen…

2 Thoughts on “12. April 2020 – Mein erstes Jahr in Kalifornien

  1. Eva Borchin on April 16, 2020 at 5:59 am said:

    Alles Gute zum einjährigen! Schön dass du hier bist. Und ich hoffe sehr wir können uns bald Mal wieder sehen.

    • Sabine on April 19, 2020 at 7:29 pm said:

      Vielen Dank. Wir hoffen auch, dass wir uns bald wieder treffen werden. Wir vermissen Euch und die Ausflüge nach Moke Hill schon sehr. Alles Liebe Sabine

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